Politische Bildung und Bildungssysteme
Das Leipziger Profil der Politischen Bildung zeichnet sich durch einen umfassenden Zugang mit starker fachwissenschaftlicher Anbindung und einem Fokus auch auf außerschulische politische Bildungsprozesse aus. Ziel des Arbeitsbereichs ist es, Fragen der politischen Bildung mit Bezügen zu aktuellen Themen der Politik gemeinsam mit den Studierenden zu reflektieren. Forschungsschwerpunkte sind Fragen mit zentraler thematischer Bedeutung für die politische Bildung im Allgemeinen und politische Bildung im Kontext von Europa und Global Governance sowie Demokratie im Besonderen. Dazu zählen unter anderem Demokratiebildung, Bildung für nachhaltige Entwicklung, Inklusion, kulturelle Bildung, globales Lernen, Bildungsverbünde und Bildungsnetzwerke sowie Bildungsreformen und Schulentwicklung. Es werden sowohl qualitative als auch quantitative Methoden der Sozialforschung angewendet und Bezüge zu Theorien und Anwendungsbereichen der Politik- und Erziehungswissenschaft hergestellt.
Lehre
Der Lehrstuhl „Politische Bildung und Bildungssysteme“ bietet für den Bachelorstudiengang Politikwissenschaft, im Wahlfach Politikwissenschaft, für den Wahlbereich der Geistes- und Sozialwissenschaften sowie des B.Sc. Geographie und für das Lehramt Gemeinschaftskunde/Rechtserziehung(/Wirtschaft) im Vertiefungsmodul das Basismodul „Politische Bildung“ und das Modul „Politische Bildung und Demokratie“ an. Die 10 Leistungspunkte umfassenden Module bestehen aus einer Vorlesung und einem Seminar. Aktuell bieten wir die folgenden Veranstaltungen an:
VERANSTALTUNGEN IM SOMMERSEMESTER 2024
Dozent: Dr. Johannes Schuster
Die Vorlesung „Politische Bildung“ behandelt Grundfragen der Politischen Bildung und verknüpft Perspektiven der Politik-, Bildungs- und Erziehungswissenschaften. Dabei werden die Konzepte Politische Bildung, Politik, Sozialisation, Erziehung, Bildung und Lernen thematisiert. Der erste Teil der Vorlesung beinhaltet eine vertiefende Einführung und Diskussion von Theorien, die für die Politische Bildung relevant sind. Die aus den Konzepten resultierenden Dilemmata werden kritisch erörtert. Der zweite Teil der Vorlesung widmet sich einer kritischen Diskussion der eingeführten Konzepte vor dem Hintergrund aktueller Entwicklungen. Hierbei werden Themen wie soziale Ungleichheit im Bildungssystem, die Bedeutung des non-formalen und informellen Lernens, „neue Akteure“ im Feld von Erziehung, Bildung und Politischer Bildung sowie Gender bzw. Diversity aufgegriffen. Außerdem sollen aktuelle Felder der Politischen Bildung, wie Global Citizenship Education, Bildung für nachhaltige Entwicklung, Menschenrechtsbildung oder Digitalisierung thematisiert werden.
Dozentin: Dr. Luise Fischer
Dozent: Vincent Streichhahn
Geschlecht fungiert weiterhin als sozialer Platzanweiser, mit dem die soziale Benachteiligung in verschiedenen Gesellschaftsbereichen verbunden ist. Bei der Reproduktion der dahinter stehenden Geschlechterverhältnisse spielt das Bildungssystem eine entscheidende Rolle. Das Seminar wirft daher einen Blick auf verschiedene geschlechterreflexive Ansätze in der politischen Bildung, deren Potenziale, Grenzen und Fallstricke. Diese Ansätze entstehen nicht im luftleeren Raum, sondern bewegen sich im 21. Jahrhundert zwischen einer Pluralisierung von Geschlechtsidentitäten und Lebensformen sowie einem antifeministischen Backlash. Die Diskussionen um Geschlecht können verunsichern, empowern oder beides zugleich. Adäquate Antworten der politischen Bildung sind keine leichten.
Dozent: Nils Zimmer
In diesem Seminar setzen wir uns mit Charaktermerkmalen der kritischen politischen Bildung auseinander, die neben ihrem Bezug auf die Kritische Theorie der »Frankfurter Schule« auf ein weites Feld theoretischer Ansätze und Disziplinen blicken kann. Der kritischen politischen Bildung liegt damit eine Vielfalt unterschiedlicher gesellschaftstheoretischer Ansätze zugrunde, deren Gemeinsamkeit in der kritischen Auseinandersetzung mit Politik, Gesellschaft und Ökonomie besteht. In Abgrenzung zu herkömmlichen Formen der politischen Bildung und Politikdidaktik ist für die kritische politische Bildung ein weit gefasstes Politikverständnis zentral, in dem es um soziale Verhältnisse und gesellschaftliche Zusammenhänge sowie die eigene Stellung darin geht. Das Ziel der kritischen politischen Bildung besteht also darin, vorherrschende Macht- und Herrschaftsverhältnisse zu verstehen und als grundsätzlich veränderbar zu begreifen. Demnach beschäftigen wir uns in diesem Seminar auch mit aktuellen Fragen nach der Strukturierung von Gesellschaft, das heißt mit der Hervorbringung sozialer Klassenverhältnisse sowie gesellschaftlicher Ungleichheitsbedingungen. Das Seminar wird als Block angeboten.
VERANSTALTUNGEN IM WINTERSEMESTER 2023/24
Dozent: Dr. Johannes Schuster
Die Vorlesung bietet eine Einführung in theoretische Konzepte zur Erfassung des komplexen Verhältnisses von politischer Bildung und Demokratie. Studierende sollen dabei lernen, diese Konzepte problemorientiert diskutieren und in der Praxis anwenden zu können. Die Vorlesung vermittelt ein Verständnis dafür, dass politische Bildung im Kontext von Demokratie weit über den schulischen und nationalen Bereich hinausgedacht werden muss. Sie verdeutlicht dies anhand gesellschaftspolitischer Debatten und stellt Konzepte und empirisches Wissen für ihre Rationalisierung vor. Der Schwerpunkt dieser Vorlesung liegt in konkreten Anwendungsfeldern sowie der Macht und den Einflussmöglichkeiten unterschiedlicher Akteur*innen der politischen Bildung. Konkret geht es um Themen und Aspekte wie Demokratiebildung, demokratische Schulentwicklung, Beutelsbacher Konsens, soziale Ungleichheit, Extremismus und gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit sowie Inklusion und Partizipation. In den Seminaren werden die Kenntnisse vertieft und angewendet, etwa in spezifischen Feldern wie Menschenrechtsbildung, Bildung für nachhaltige Entwicklung und kulturelle Bildung.
Dozentin: Dr. Luise Fischer
In diesem Kurs widmen wir uns der (Forschung zu) kultureller Bildung im Verhältnis zur politischen Bildung. Dabei betrachten wir besonders die Bedeutung dieser Bildungsaspekte für gesellschaftliche Entwicklungen und Veränderung, d.h. die Rolle des sogenannten „Transfers“ der Forschungen. Dazu hinterfragen wir die Akteur*innen, Rollen, Hierarchien, Orte, und Prozesse der Wissensproduktion und Bildungserfahrungen in Deutschland und in verschiedenen internationalen Kontexten. Wir setzen uns daher mit dem Diskurs und philosophischen und ethischen Fragen des Transfers auseinander und betrachten zugleich konkrete Fallbeispiele innerhalb und außerhalb Deutschlands.
Voller Titel: Seminar: Bildung für nachhaltige Entwicklung – Zur Transformation zu einer nachhaltigen, zukunftsfähigen Weltgesellschaft
Dozent: Dr. Ronald Gebauer
Besonders in den entwickelten Ländern der nördlichen Hemisphäre dominieren nach wie vor nicht-nachhaltige Lebens- und Konsumstile, die mit einem enormen Ressourcenverbrauch einhergehen. Die immer deutlicher werdende Folge ist eine in ihrem Ausmaß globale Dynamik von wirtschaftlichen, sozialen und ökologischen Krisen. Vor diesem Hintergrund ist der Übergang der heutigen Gesellschaften zu einer nachhaltigen Lebens- und Wirtschaftsweise eine der wichtigsten Herausforderungen unserer Zeit. Schnelle Lösungen scheitern jedoch häufig aus politischen oder sozialen Gründen. Doch wie kann der entscheidende und notwendige Wandel hin zu einer nachhaltigen Welt herbeigeführt werden? Gemäß politischem Programm der UNESCO ist Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE) ein, wenn nicht sogar der Schlüssel für den Übergang in und die Gestaltung einer nachhaltigen, zukunftsfähigen Weltgesellschaft. Die LV widmet sich u.a. den Fragen: „Was ist BNE?“, „Wie lassen sich Nachhaltigkeit und BNE miteinander verknüpfen?“, „Was zeichnet ein BNE-Bildungsangebot aus?“, „Welches sind Gemeinsamkeiten und Unterschiede zu anderen verwandten Bildungskonzepten (z.B. Umweltbildung, Globales Lernen, Klimabildung, Demokratiebildung)?“ Ein nicht zu unterschätzender Schwerpunkt liegt auch auf der Frage, wie die strukturelle Verankerung von BNE auf lokaler Ebene gelingen kann.Außerdem wird zentralen Kritiklinien nachgegangen, die das Verhältnis von BNE zur politischen Bildung betreffen.
Dozent: Dr. Johannes Schuster
Menschenrechte sind für demokratische Systeme von zentraler Relevanz und nehmen daher auch in der Bildung eine zunehmend wichtige Rolle ein. Das verhältnismäßig neue Konzept der Menschenrechtsbildung hat durch die UN-Erklärung über Menschenrechtsbildung und -training zusätzlich Auftrieb erhalten und hält zunehmend Einzug in die Schulcurricula. Das Konzept umfasst dabei verschiedene Ebenen, von der Bereitstellung von Wissen um verschiedene Menschenrechte, über das Empowerment Betroffener bis hin zur Berücksichtigung von Menschenrechten in verschiedenen Lehr-Lern-Settings. Gegenstand des Seminars sind die Verknüpfung von Menschenrechten und Politischer Bildung im Konzept der Menschenrechtsbildung. Anknüpfend an die Vorlesung wird das Konzept vor dem Hintergrund der demokratischen Grundordnung diskutiert und mit dem Beutelsbacher Konsens in Verbindung gesetzt. Darüber hinaus werden verschiedene Themenfelder der Menschenrechtsbildung vertiefend behandelt (z.B. rassismuskritische Bildung, gendersensible Bildung, postkoloniale Bildung, Inklusion). Außerdem sollen die Rolle internationaler Organisationen bei der Umsetzung von Menschenrechtsbildung in der Schule thematisiert und der Einfluss nicht-staatlicher Akteur*innen (z.B. NGOs, Stiftungen) durch menschenrechtsorientierte Politische Bildung in schulischen und außerschulischen Projekten diskutiert werden.