Interdisziplinäre Kolloquium des Instituts für Kulturwissenschaften
Florian Spissinger - Die Gefühlsgemeinschaft der AFD
Im interdisziplinären Kolloquium des Instituts für Kulturwissenschaften werden regelmäßig Vorträge von Gästen sowie Projektvorstellungen der Mitarbeitenden des Instituts diskutiert. Diesmal spricht Florian Spissinger über "Die Gefühlsgemeinschaft der AFD".
Wie gelingt es der AfD, dass sich deren Unterstützer*innen bei einer für viele Menschen abstoßenden Partei wohlfühlen? Florian Spissinger hat Vortragsveranstaltungen, Stammtische und Wahlkampfstände der AfD ethnografisch beobachtet und Gespräche vor Ort geführt. Sichtbar geworden ist eine neurechte Gefühlsgemeinschaft, an der kritische Einwände wirkungslos abprallen und für die sich die Ablehnung von Zuwanderung und Klimaschutz gut und clever anfühlt.
Im Vortrag stellt Spissinger sein kürzlich veröffentlichtes Buch zur Gefühlsgemeinschaft der AfD vor. Die ethnografisch fundierte Studie entfaltet die neurechte Gefühlswelt und die ‚metapolitische‘ Gefühlsarbeit der AfD. Dafür nutzt Spissinger emotionssoziologische und affekttheoretische Konzepte und beleuchtet Narrative, Praktiken und Räume. Sichtbar werden moralisch entlastende Selbstnarrative und ermächtigende Gefühlspositionen für AfD-Sympathisant*innen. Die Untersuchung zeigt auch, wie sich rassistische und anti-klimapolitische Untergangsszenarien zu einer selbst bestätigenden Gefühlswelt verdichten. Außerdem interpretiert Spissinger das gemeinschaftliche Schimpfen und spöttische Gelächter bei AfD-Veranstaltungen als ein neurechtes Identitäts- und Gefühlstraining. Nicht zuletzt wird deutlich, wie AfD-Unterstützer*innen Kritik abwehren und daraus die Bestätigung ziehen, ‚die Wahrheit‘ zu vertreten und ‚frei‘ zu denken. Wer es sich in der neurechten Gefühlsgemeinschaft erst einmal bequem gemacht hat, lässt sich daher nur noch schwer zur Umkehr bewegen.
Florian Spissinger hat Soziale Arbeit (B.A.) an der DHBW Stuttgart sowie Politikwissenschaft (M.A.) an der Universität Leipzig studiert und dann bis 2023 im Fachbereich Politikwissenschaft promoviert. Mit seinem Buch über die „Gefühlsgemeinschaft der AfD“ gewann er den Budrich-Dissertationswettbewerb promotion 2023 und war Finalist beim Deutschen Studienpreis 2024. Aktuell ist er als Sozialarbeiter, Lehrbeauftragter und politischer Bildner tätig.
Teilnahme
- Im Wintersemester 2024 /25 werden die Veranstaltungen des Institutskolloquiums nur in Präsenz durchgeführt. Interessierte kommen in das Fürstenzimmer der Albertina (Universitätsbibliothek Leipzig)
- Bei Rückfragen schreiben Sie bitte eine E-Mail an Marie Wilke-Tondar.
Autor: Marie Wilke-Tondar